Hochgeachteter Herr Präsident!
Indem ich Ihnen Ihre geschätzte Zuschrift vom 19. dieß bestens verdanke, theile ich Ihnen mit, daß ich mit der Einberufung des Ausschußes auf Ende dieß oder den 1. Juni einverstanden bin & die Einladungen besorgen werde, sobald Sie mir den Ihnen entsprechenden Tag definitiv bezeichnen werden. Als Traktanden nehme ich in Aussicht: Berichte über die Situation in Berlin & Berathung der nach dieser Richtung weiter zu thuenden Schritte; Commißionalbericht über die Verhandlungen mit Wetli; Commißionalanträge betreffend die Rechnung pro 1866 & weiter zu beschaffenden Geldmittel; Vorlage einer Zuschrift der Regierung v. Aargau. –
Unsere Neuwahlen in die obersten Behörden sind endlich getroffen & die Versuche, eine extreme | radikale Richtung des RegRthes zu inauguriren gescheitert. Nichtsdestoweniger & obschon ich mich über die Art & Weise meiner Wiederwahl nicht be klagen kann, entschließe ich mich nur mit schwerem Herzen zur Wiederannahme. Es steht uns eine außerordentlich schwierige Periode bevor, die um so unerfreulicher sein wird, weil die Parthei verhältniße so gestaltet sind, daß es fast un möglich sein wird, mit irgend welchen Vorschlägen von einiger Bedeutung durchzudringen & Positives zu schaffen. Hätte ich nicht das Gefühl, daß es eine Pflicht sei, auch in der schwierigen Stellung auszuharren & wäre mir nicht die Gotthardt bahnfrage an's Herz gewachsen, ich würde in der That lieber in's Privatleben zurüktreten. –
Genehmigen Sie, hochgeachteter Herr Präsident, bei diesem Anlaße die erneute Versicherung ausge zeichnetster Hochachtung von Ihrem
freundschaftlich ergebener
J. Zingg.
Luzern d. 24. Mai 1867.