SCHWEIZERISCHE
BUNDESKANZLEI
Bern den 6 Oct. 1857.
Mein lieber Freund und Jupiter tonans!
Auf dein gestriges Schreiben theile ich dir mit, dass ich schon vor mehrern Tagen unser Præsidium dringlich ersuchte, das Departement zu baldiger Berichterstattung aufzufordern, was mir verheißen wurde. Heute, da ich Ursache hatte, dieser Verheißung nicht ganz zu trauen, verlangte ich beim Beginn der Sitzung, daß es heute in plena Sessione das Departement interpellire. Es that dieses u es wurde dasselbe beauftragt, beförderlich Bericht u Antrag zu bringen, was Hr St. auch versprach.
Beim Departement scheint es so gegangen zu seyn: Über Eure erste Zuschrift v 27 Juli wollte es früher nicht referiren, sondern die weitere Entwicklung der Sache mit Baden abwarten u Hr St. äußerte heute, es sollte vor allem der Vertrag mit Baden beygebracht werden. Ich erwiederte ihm, diesen habe er ja seit 14 Tagen. Er negirte dieses, worauf Hr N. zu verstehn gab, daß die Sache vermuthlich von Hrn Curchod liegen gelassen wurde. Dieser ist Telegraphendirektor u Ingenieur u wird nun häufig fürs Bauwesen benutzt; es ist also wahrscheinlich (ich werde noch drauf kommen) daß dieser Herr in aller Unschuld u Sorglosigkeit die Sache liegen ließ, daß Hr Näf ihn nicht auf die Dringlichkeit aufmerksam machte, u daß die Acten noch gar nicht an Hrn St. abgegangen sind. – Das Departement hat daher allerdings zwey Fehler begangen, | einmal durch wissentliche Verschleppung Euers ersten Schreibens, das ohne den Badischen Vertrag hätte behandelt werden können u sodann durch Nachläßigkeit in Bezug auf das letzte Schreiben.
Was dagegen die tadelnswerte Connivenz des Bundesraths betrifft, die dein Brief rügt, so liegt dieselbe in Euern «warmen» Köpfen, ist aber in der Wirklichkeit kaum begründet. – Die andern Mitglieder können unmöglich im Gedächtniß haben, welche Geschäfte noch bei einem Departement pendent sind, bis eine Recharge odr ein zufälliger Umstand sie in Erinnerung bringt; dieß geschah durch Euer 2ts Schreiben, das am 21 Sept. einging u dem Departement, sogleich reglementarisch zugestellt wurde u in seinem Inhalt schon eine Recharge enthielt. – Hinsichtlich des zweyten Punkts sind gestern 14 Tage seit seinem Eingang verflossen u noch nie, seit der Bundesrath existirt, hat man innerhalb dieser Zeit ein Departement interpellirt, warum es noch nicht einen Bericht vorlege. – Heute ist es nun gleich wohl geschehn. Was mich betrifft, so wasche ich meine Hände noch mehr in Unschuld, da ich beim Eintreffen des ersten Schreibens abwesend war u von allem nichts wußte bis du letzthin hier warest. Nun habe ich in der 2tn Woche seit dem 21 Sept. das Præsidium gemahnt u heute in der Sitzung wieder auf möglichste Beschleunigung gedrungen. Mehr konnte ich nicht thun.
Soeben ließ ich den Registrator kommen u fragte ihn, wie es bei den Überweisungen ans Post- u BauDepart. gehalten werde. Er sagte, dass alle Geschäfte (auch die Eisenbahnsachen) ins bureau des Hrn Näf gehn u daß er dann dem Hr St. zusendet, was dieser zu bearbeiten hat. Es stellt sich daher heraus, daß Hr. St. in Bezug auf die Verzögerung der letzten
Kommentareinträge
✲Unvollständig überlieferter Brief.