SCHWEIZERISCHE
BUNDESCANZLEI
Bern den 16 Juni 1857
Mein lieber Freund!
Gestern behandelten wir eine ganze Sitzung hindurch den Bericht über das Anleihn von 11 Millionen (Eine ist nämlich zurückgekauft) u dessen Verwendung. Einig war man darüber, auf Januar 58 die 6 Mill. 5% Oblig. aufzukünden u abzuzahlen; es wird sich ohne Schwierigkeit machen lassen; da wir ca 5 Mill. provisorische, leicht kündbare Darlehn, u ca 1 Million in Cassa disponibel haben, über 2 Contingente u BetriebsCapital hinaus.
Aber was machen mit den 5 Mill. 4½% Stuttg. Obligationen? – Eine ist in Kosten u Verwendungen aller Art draufgegangen u in den Rechnungen nachgewiesen. Die andern 4 haben wir bei der Centralbahn zu 5%, also einstweilen sehr gut, weil mit ½% Nutzen, angelegt u ich glaube, die Centralbahn wäre froh, wenn wir das Capital noch länger stehn lassen. Auch können wir letztres, da wir jährlich nur 1/20 an diese 4½% Oblig. abzahlen müssen, was sich thun läßt, ohne dieses Basler Anleihn zu künden. Nun wurden 3 Anträge gestellt:
1. Hr St s Projekt in Form eines Gesetzesvorschlags, die 4 Mill.
in Basel als besondern Fond zum Rückkauf der Eisen
bahnen mittelst succeßiven Ankaufs von Actien zu erklären.
2. Mein Antrag: Hievon gänzlich zu abstrahiren u vor der Hand
keine andre Verwendung der 4 Mill. vorzuschlagen.
3. Hr Frey: Ebenfalls Verwerfung v. St s Projekt, aber Gesuch
um Ermächtigung, gelegentlich Actien anzukaufen, falls |
später die Centralbahn aufkünde oder andre Fonds disponibel werden.
(Dieß der Sinn der verschiednen Anträge). In der eventuellen Abstimmung: Rückweisung des Vorschlags im Sinn von Furrer oder Frey – blieb ich allein. In der Hauptabstimmung aber blieb dann Hr. St. allein. Damit ist für einmal die Hauptsache beseitigt. Ich hätte freilich lieber gesehn, wenn man einstweilen von Aktienkauf gar nicht gesprochen hätte; ich bin demselben aus finanziellen, besonders aber aus Eisenbahn-Politischen Gründen nicht gewogen u glaube übrigens, es gäbe noch genug andre Anläße diese Frage zu erörtern. Denn jetzt haben wir doch kein Geld dazu, falls man die 4 Mill. in Basel noch stehn lassen will. –
Die Ständeräthliche Budget-Commission beschloß, den Antrag aufzunehmen, die Besoldung des Bundesraths zu erhöhen u zwar auf fr 10500 für den Präsidenten (also plus fr 1800) u fr 9000 für die Mitglieder (plus fr 1750) u dabei den Bundesrath zu be auftragen, die Revision des Besoldungsgesetzes vorzunehmen. – Dieses kann nun deine Motion überflüssig machen; u es ist mir insofern Recht, als man sonst schließen würde, ich hätte dich vorzugsweise zu der Motion bestimmt.
Nebst höflicher Empfehlung an die Deinigen grüßt dich freundschaftlich
Dein
Dr Furrer