Bern den 3t Jan. 1857.
Hoch geachteter Herr!
Erlauben Sie daß ich Sie von den neuesten Schritten in Betreff der Neuenburger-Angelegenheit unterrichtet erhalte. Dusch hat eine Depeche seiner Regierung erhalten aus welcher sich ergiebt – daß man sich in Berlin wird billig finden laßen – wenn einmal die Gefangenen befreit sein werden. Man meldet ihm wieder dieselbe Phrase «die bisher bewiesene Mäßigung – ist die Bürgschaft für die Zukunft.» –
Eine zweite Depeche giebt Nachricht vom Eintreffen des Herrn Dr Furrer, den man freundlich aufnahm ohne ihm irgend welche Zusicherung zu geben – so daß die Bemerkung Furrers, «er habe viel Wohlwollen aber wenig Neutralität gefunden» so unpaßend nicht ist. Der rußische Gesandte hat diejenige Mittheilung des Herrn v Oubril abschriftlich mitgetheilt – die er früher H. St vorgelesen – ohne daß davon in der Botschaft Erwähnung geschieht – und aus welcher sich ebenfalls ergiebt daß Preußen mäßige Bedingungen für die gänzliche Cession stellen werde wenn vor dem 2t 7er der Prozeß niedergeschlagen sein werde. – |
Der östereichische Gesandte hat am 31t Dec Abends noch um Ertheilung eines Verzugs telegraphirt. Von Paris wißen wir – der Herr Dufour und ich – noch nichts. Vielleicht erhalten Sie directe Berichte von unserer großen kernigen Friedensschwalbe!! Indeßen bringt man die Nation in Allarm – durch neue TruppenAufstellungen – die wie mir Herr Frey-Herosee sagte geschehen «um auch das welsche (Tessiner)- Element in der Armee zu repräsentiren» – sowie durch fortgesetzte Arbeiten des Genies – welche bei Basel und Schaffhausen – den Promenaden hart zusetzen – sowie endlich durch die officielle Anzeige an die Gefangenen daß der Prozeß am 16 Jan beginnen müße – daher sie sich mit ihren Vertheidigern verständigen mögen. – In den letzten Tagen noch hat Herr St an den sardinischen Geschäftsträger die Anfrage gestellt –: «ob dem Durchmarsch unseres neapolitanischen Regimentes nichts im Wege stehe?» – ebenfalls ist gefragt worden ob von dorther Pulver zu beziehen wäre. –
Von dem Tact des Bundes Rathes bei Auswahl seiner diplomatischen Agenten wird Sie – die Inlage überzeugen!! Hätte ich die Sache nicht mit eigenen Augen gelesen – ich könnte es kaum glauben – daß man einem deutschen Profeßor zumuthet gegen das Land zu interveniren das ihm Brod giebt. – Was würde der BundesRath | sagen – wenn Preußen den Herrn Pfotenhauer mit einer ähnlichen Mission betraute?!!
Mit der Bitte mir die Inlage – nachdem Sie dieselbe gelesen wieder zurükzusenden
Ihr. ganz ergebener
Dr Gonzenbach.
PS. Die besten Wünsche für Sie und die Ihrigen bei Anlaß des Jahreswechsels verstehen sich von selbst. –