Bern den 24 Juli 1849.
Mein lieber Freund!
Vielen Dank für Dein Schreiben!1 Ich hätte natürlich sehr vieles darüber zu antworten; allein ich habe unmöglich Zeit zu einem großen Briefe. Ein mehreres wird dir ein Artikel2 sagen, den ich heute in die NZ. Ztg sandte. Sollte dieselbe ihn nicht aufnehmen, da er gegen ihr System ist u den Bundesrath vertheidigt, so bitte ich Dich denselben zu beziehen u zu lesen. Das muß ich noch nachholen. Man schreibt in den Zeitungen, unser Beschluß3 sey mir von Hr Marschall4 inspirirt worden. Ich versichere Dich aufs heiligste, daß wir über Ausweisung v. Flüchtlingen nicht ein Wort sprachen. –
Die Antwort der Regierung von Zürich5 hat dem Bundesrath jedenfalls das rechte Bein abgeschlagen. Die Antineutralen hier jubeln; Prof. W. Snell6 docirt in den Kneipen, man müße die 7 Schwaben hängen u diese Theorie erscheint hier im «Unabhängigen».7
Wir schicken Euch keine andre Antwort darüber. Das Kreisschreiben8 sollte dessen Stelle vertreten.
Die Collision wegen der Gebietsverletzung kann zur Folge haben, daß wir mehr Truppen aufbieten werden u in Folge dessen die Bundesversammlung einberufen müßten. –
Adieu! Freundschaftlich
grüßend
Dein
F J
Kommentareinträge
1Schreiben nicht ermittelt.
2Gemeint ist ein Artikel unter dem Titel «Einige andere Worte über die Flüchtlingssache. (Eingesandt)». Vgl. NZZ, 26. Juli 1849.
3 Vgl. Angelegenheit dt. Flüchtlinge, BR-Beschluss (16. Juli 1849).
4 August Marschall von Bieberstein (1804–1888), Ministerresident des Grossherzogtums Baden bei der Schweizerischen Eidgenossenschaft.
5Gemeint ist das Schreiben des Zürcher Regierungsrates an den Bundesrat vom 19. Juli 1849. Alfred Escher an Arnold Otto Aepli, 22. Juli 1849, Fussnote 2.
6 Wilhelm Snell (1789–1851), ordentlicher Professor an der juristischen Fakultät der Universität Bern. Zur Rolle Snells in der Berner Politik Institutionen, Strukturen, Prozesse, Absatz 54; Institutionen, Strukturen, Prozesse, Fussnote 113.
7Artikel nicht ermittelt. – Gemeint sind wohl die sieben Bundesräte.