Bern den 23 Juni 48
Lieber Freund!
Da ich nicht weiß, ob ich bey der Wahl der Gesandtschaft im Großen Rath bin, so lege ich beyliegendes Schreiben in deine Hände mit der Bitte, daßelbe vor der Wahl dem großen Rathe zu eröffnen. – Ich habe nun durchgemacht, was ich versprochen u kann unter keinen Umständen mehr hier bleiben; abgesehen von der langen Abwesenheit bin ich seit der Zeit, als ich mit einer Halsentzündung im Großen Rath referiren mußte, immer kränklich. Rüttimann wird dir bezeugen, daß ich seit 3 Wochen immer medizinirte und (die Sitzungen ausgenommen) sehr selten ausging. – Das hießige Clima u der Verdruß u andre psychologische Elemente bringen mich um; ich muß daher nach Hause. –
Da es am Pfingstsonntag schön Wetter war, so haben wir Euch halb u halb erwartet; u uns deßhalb nach Brienz begeben. Als ihr nicht kamt, nahmen wir an, ihr seyd in unterwaldnerischen Netzen hängen geblieben. Später erfuhren wir jedoch, ihr habt den Kanton Uri bereist. –
Heute wurden wir mit dem Entwurfe fertig u nun gehts noch an die Durchsicht der letzten Revision. Unter vernünftigen Leuten wäre dieses in 2 Sitzungen abgethan; allein es giebt| Leute, welche nie genug schwatzen können u ich habe schon gemerkt, daß man Lust hat, viele durchgefallene Anträge in irgend welcher Form wieder anzubringen. Wenn das angeht u erlaubt ist, so könnte ich kaum mehr den Großen Rath antreffen.
Freundschaftlich grüßend
Dein
Furrer
Morgen Abend kommt Rüttimann in Zürich an, um am Sonntag dem Geilingerschen Hülfsverein in Winterthur beyzuwohnen. Du wirst wohl morgen dort seyn. So sehr man den Verlurst unsers [Weiss ?] bedauern muß, so war gleichwohl die Vollendung seiner schmerzlichen Laufbahn ein Glück für ihn u die Seinigen –