Hochverehrter Herr & Freund!
Vor meiner Abreise nach Uznach bin ich so frei, Ihnen noch beigebogene Eisenbahnkarte zu übermitteln, nachdem ich auf derselben mit Bleistift den Rayon des französischen Geleises gezeichnet. – Aus diesem Umstande kann man deutlich ersehen, daß das westliche Frankreich (Bordeaux und Orleans inbegriffen) der nordwestliche von Cherbourg und Havre bis Calais , dann das nördliche und nordöstliche Frankreich mit ihrem ungeheuren Verkehr dem franz. Geleise zufallen; ferner der (amerikanische) Englands, Belgiens und Hollands! während dem deutschen nur derjenige zufällt, den Bremen und Hamburg , Berlin und Stettin nicht über Friedrichshafen und Lindau ergo nicht über Romanshorn mit ebensoviel Convenienz nach der Schweiz richten wollen. Das badische Geleise ist somit für die Nordostbahn in gewißer Beziehung nur eine Concurrenz, die sich die Nordostbahn selber macht. Von Ludwigshafen über Strassburg nach Basel ist es 15 Kilometer näher als über Mannheim . Die Herren Kaufleute mögen sagen, was sie wollen.
Die frühern Jahre sind für die Zukunft nicht | maßgebend sondern der alte Satz von Adam Ries , daß die geradere Linie jeweilen die kürzere ist!
Sobald es sich nun darum handelt, welches von beiden man der Wichtigkeit des Verkehrs wegen vorziehen will; so behaupte ich trotz allen sog. Kaufleuten (Speditoren sind sie am Ende nicht) das französische Geleise ist drei- und viermal bedeutender als das badische, welches in Zukunft nur des Mannheimer Dreikreuzertabaks der Offenburger Cichorien und der Schwarzwälder Uhren ganz sicher ist. – Übrigens ist es nicht für immer ausgeschloßen noch unconcurrenzfähig gemacht, weil man es nicht sofort vom Bötzberg aus anschlußfähig macht. – Dagegen ist ohne Bötzberg allerdings Zürich vom Hauptverkehr von Nordosten nach Südwesten ausgeschloßen und die Südostbahn und die Linthlinie insbesondere, sodann wird je nachdem der Lucmanier für die französischen und englischen Sendungen durch die Schweiz unconcurrenzfähig und werthlos. – Gerade der Wallensee gewinnt| erst durch den Bötzberg seine volle Berechtigung. Kurz! es gibt nur ein zukunftbringendes System für die Ostschweiz, nämlich Bodensee– Genfersee und Basel – Chur – Bellenz via Zürich. Und jede Abweichung davon ist gewiß vom Übel. – Gerade deßhalb bin ich indessen auch für das Zuschließen einer Reußthal– Brunnen bahn. Die Luzerner Sackgasse ist nicht zu fürchten.
Ich schließe endlich noch die bekannte brochure von Freund Killias bei, welche s. Z. im «Bund» erschienen. – Wäre nur unser Mänchen hier, er müßte Ihnen per Tonne und Kilometer meine vorgestrigen Behauptun gen schlagend nachweisen. – Was Verkehrsfragen betrifft steht er keck jedem andern Eidgenossen an Kenntniße und Einsicht zur Seite. – Und nun noch meine wiederholten Abbitten! Aber durch den Bötzberg muß es, sonst heißt es bald
Finis Poloniae ! für den Lucmanier und Zürich! – Mit dem Bötzberg | muß Solothurn Biel und der Westen wieder uns d. h. Zürich–Romanshorn zufallen nebst Neuenburger Seitenbahnen. – Selbst der Postheire schwärmt für den Bötzberg aus Solothurner Gründen!
In Eile mit hochachtungsvollen Empfehlungen
Ihr
ergebenster
A R v Planta
Zurich den 11ten April 1
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